Autokorso ausgebremst und die Relevanz genommen

Seit Mitte Dezember 2020 gibt es jeden Dienstag einen Autokorso der Coronaleugner:innen und Impfgegner:innen in Freiburg. Anfänglich waren es meist nur 20 Autos, Mitte Januar stieg die Anzahl allerdings stark an, sodass wir uns dazu entschlossen haben, dem Treiben etwas entgegenzusetzen. Seit Ende Januar haben viele Menschen jeden Dienstagabend Aktionen verschiedener Art durchgeführt: Blockaden & Protestaktionen am Rande der Strecke; die Schranken zum Parkplatz, auf welchem sich der Autokorso immer sammelt, wurden dicht gemacht; immer wieder wurde der Autokorso von genervten Anwohner:innen mit Eiern oder vergammeltem Obst beworfen, uvm. ​​​​​​​

Ganz Freiburg hasst den Autokorso!

Unser vehementer Gegenprotest und die Tatsache, dass der Autokorso aus Angst davor meistens im Freiburger Umland im Kreis gefahren ist, hat dazu geführt, dass die Teilnehmer:innenzahl massiv zurückgegangen ist. In der Hochzeit fuhren 150 Autos mit, jetzt sind es nur noch knapp 50. 

Innerhalb der letzten vier Wochen hat sich der Autokorso um die Hälfte der Autos von 118 auf 57 quasi halbiert und verliert damit seine eh schon geringe Außenwirkung und gesellschaftliche Relevanz komplett. Dies ist logisch, denn die Infiziertenzahlen gehen zum Glück zurück, es gibt faktisch keinen „Lockdown“ mehr und die Menschen verbringen den Abend lieber im Biergarten oder lassen sich impfen, als im Auto im Kreis zu fahren.

Die Teilnehmer:innen des Autokorsos stoßen in Freiburg nach wie vor auf wenig Gegenliebe. Natürlich gibt es auch hier Menschen, die am Rand stehen und klatschen, diese sind aber in der deutlichen Minderheit. Die meisten Menschen sind einfach nur noch genervt von den Kreisfahrer-Dullis, welche sich zum einen in einer drohenden Diktatur wähnen, gleichzeitig aber jede Woche von einem massiven Polizeiaufgebot durch die Stadt oder das Umland eskortiert werden. Kleiner Tipp am Rande: wäre dies eine Diktatur, wären die Teilnehmer:innen des Autokorsos schon lange spurlos verschwunden.

Es bleibt ein eiserner Kern von Menschen zurück, die das Ganze eher als „Social Happening“ sehen und den Autokorso nutzen, um sich mal wieder mit Freund:innen zu treffen. Die Inhalte sind so zweitrangig wie heterogen. 

In den letzten 4 Monaten haben wir viel erreicht, aber auch einstecken müssen: Es gab Angriffe von Teilnehmer:innen des Autokorsos auf vermeintliche Gegendemonstrant:innen, auf Passant:innen und Journalist:innen; es gab einige Versuche, am Rand stehende Menschen mit dem Auto anzufahren; linksgelesene Menschen wurden auf dem Weg nach Hause angegriffen; wir waren mit teils massiver Polizeigewalt konfrontiert, so wurden immer wieder Menschen von heranstürmenden Bullen vom Fahrrad geschubst oder mit dem Polizeimotorrad angefahren. Es ist pures Glück, dass dabei nichts Schlimmeres passiert ist und es nur leichte Verletzungen gab.

Dies alles bringt uns zu der Erkenntnis, dass sich der momentane Aufwand, diesen Dullis entgegenzustellen, nicht mehr lohnt. Wir sehen es als wichtiger an, diese Zeit zu nutzen, um uns fortzubilden, uns zu vernetzen, Kampfsport zu betreiben, Antirepressionsarbeit zu machen oder einfach mal zu chillen. 

Unser großer Dank gilt allen Antifaschist:innen, die in den letzten 4 Monaten jede Woche zusammen mit uns auf der Straße waren und teilweise ziemlich stabilen Widerstand gegen Querdenken & AfD geleistet haben!

Analyse & Kritik

Je irrelevanter der Autokorso wurde, desto mehr hat sich auch unsere eigene Motivation gewandelt. 

Von einem Bedürfnis, dem gesellschaftlichen Rechtsruck, verkörpert durch die Querfront-Aktion „Autokorso Freiburg“ etwas entgegenzusetzen und diesen nicht die Straße zu überlassen, wurde mit der Zeit und der schwindenden Relevanz des Autokorsos, eher ein Aktivismus um des Aktivismus willens. Dies sehen wir als die falsche Motivation an. Wir sind der Meinung, dass Aktivismus nicht aus der Motivation „Spaß an der Sache“ und aus sich selbst heraus entstehen sollte, sondern aus einer Analyse der Verhältnisse und an einer Kritik dieser. 

Was ist, was war, was wird

Wir werden weiterhin die Route des Autokorsos auf Twitter veröffentlichen, da wir es immer noch als sehr sinnvoll ansehen, wenn Kleingruppen in welcher Art auch immer gegen den Autokorso aktiv werden. Wir werden außerdem den Autokorso weiterhin im Auge behalten. Sollte dieser wieder eine gewisse Größe und „gesellschaftliche Relevanz“ entwickeln, werden wir ihm mit frischer Energie und neuen Konzepten entschlossen entgegentreten!

In nächster Zeit wird es auch einige Soli-Kneipen geben, um z.B. drohende Repressionskosten abzufangen. Darüber werden wir zeitnah informieren. Kommt gerne vorbei und trinkt ein Getränk mit uns!

Wir gehen davon aus, dass wir es in nächster Zeit vermehrt mit Demonstrationen aus dem Impfgegner:innen-Spektrum zu tun haben werden. Die personellen Überschneidungen sind nicht von der Hand zu weisen, wurde doch die Demonstration am 29.05.2021 ebenfalls von Marc Schwär angemeldet, welcher auch für die Anmeldung & Organisation des Autokorsos verantwortlich ist.

Wir werden die Augen offen halten. Kein Fußbreit den Querdenker:innen!